Postmoderne ist keine zeitlich begrenzte Strömung, sondern eine Vorgehensweise, ein Kunstwollen.
Umberto Eco: Nachwort zu »Der Name der Rose« (Roman, 1980)
Die Postmoderne bezeichnet die ›Epoche nach den Epochen‹, das Ende einer Kette ideologischer Entwürfe. Die postmoderne Literatur verzichtet entsprechend auf ein eigenes Programm. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, in verwirrender Weise mit Stoffen und Identitäten zu spielen. Eine wichtige Unterart der Postmoderne ist die Popliteratur.
Epochenbezeichnung
Der Begriff der »Postmoderne« bezeichnet im Wortsinn die Epoche nach (lat. post) der Moderne. Die Moderne wird dabei vereinfacht gesagt als das Projekt der Aufklärung betrachtet, das als überwunden gilt. Der Allgemeinbegriff ist nicht zu verwechseln mit anderen, spezifischen Verwendungen, etwa dem spanischen Literaturstil postmodernismo (1905-1914).
Geprägt wird der kulturgeschichtliche Begriff der »Postmoderne« zu Beginn der 1980er-Jahre durch die poststrukturalistische französische Philosophie. Insbesondere Jean François Lyotards Bild vom ›Ende der großen Erzählungen‹ bestimmt das Verständnis der Epoche. Seiner Meinung nach sind alle Versuche gescheitert, die Weltgeschichte mit Hilfe bestimmter Ordnungsprinzipien (z.B. Gott, Vernunft, Sozialismus) widerspruchsfrei zu ›erzählen‹. Allerdings versteht sich die postmoderne Philosophie nicht als ein Gegenprojekt der Moderne, als Anti-Moderne, sondern vielmehr als deren logische Folge und Potenzierung: Die Aufklärung wird nach dem untersucht, was sie unterdrückte und totschwieg.
Zeitgeschichte
Mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 ist nicht nur der Kalte Krieg zwischen dem Westen und dem Ostblock zu Ende. Die Auflösungserscheinungen in der kommunistischen Staatengemeinschaft, die nun wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, diskreditieren auch den Sozialismus als ideologische Alternative zum kapitalistischen Wirtschafts- und Lebensmodell. Letzteres scheint sich als alleinige Ideologie durchzusetzen. 1992 geht der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama so weit, das ›Ende der Geschichte‹ zu verkünden und die globale Etablierung einer liberalen, demokratischen Marktwirtschaft zu prophezeien.
In Deutschland sieht dies so aus, dass die Deutsche Demokratische Republik der Bundesrepublik beitritt (3. Oktober 1990). Der Vereinigungsprozess der beiden deutschen Staatsgebiete geht nach der anfänglichen Euphorie nicht reibungslos vonstatten. Insbesondere die Ostdeutschen müssen sich die neue Lebensgrundlage, ihre neue Identität erarbeiten: Die ›heile Welt‹ ist über Nacht wahr geworden und scheint plötzlich umso ferner. Im ehemaligen Jugoslawien dagegen führt der Zusammenbruch des Sozialismus nicht zu einer Vereinigung, sondern im Gegenteil zu einer Reihe blutiger Abspaltungen und Konflikte. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Slowenien, Kroatien, Bosnien und Kosovo bringen Europa in den 1990er-Jahren an den Rand der Katastrophe.
Global ist es das islamische Weltbild, welches die Hegemonie des westlichen Systems und damit die Gültigkeit von Fukuyamas These in Frage stellt. Die beiden Kriege gegen den Irak (1990, 2003), die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center sowie die darauf folgende Intervention gegen die Taliban in Afghanistan markieren die Höhepunkte dieser Auseinandersetzung. Seit den 1990er-Jahren ist die große digitale Revolution im Gang: Computer und Internet beginnen ihren Siegeszug mit unabsehbaren Folgen für das Kulturleben.
Literaturepoche
Da bin ich noch: mein Land geht in den Westen […]
Es wirft sich weg und seine magre Zierde.
Dem Winter folgt der Sommer der Begierde.
Und unverständlich wird mein ganzer Text.
Mit diesen Versen aus seinem Gedicht »Das Eigentum« (1990) bringt der Dichter Volker Braun die Lage der ostdeutschen Literatur nach der Euphorie des Mauerfalls auf den Punkt. Egal, wie kritisch die Autor/innen dem alten Regime gegenüberstanden, ihr Navigationssystem ist durcheinander geraten. Der mühsame Vereinigungsprozess der beiden Staaten bietet zunächst reichen Stoff für Kontroversen. So setzt sich (der Westdeutsche) Rolf Hochhuth in seinem Stück »Wessis in Weimar« kritisch mit dem ›Ausverkauf‹ des DDR-Volkseigentums durch die Berliner Treuhandanstalt auseinander. Daneben machen sich viele Autor/innen in z.T. autobiografischen Texten auf die schwierige Suche nach einer neuen Identität, z.B. Monika Maron in »Stille Zeile Sechs« (1991). Diese Identitätssuche wird in der Bewegung der Postmoderne radikalisiert, die allmählich von Frankreich auch auf die BRD übergreift. Ein Subjekt, das sich seiner schreibend vergewissern kann, gibt es in dieser Theorie nicht mehr. Statt der Suche nach der richtigen Identität setzt ein (Verwirr-)Spiel mit Identitäten ein. Die Lesenden sollen die »Lust am Text« (Roland Barthes) verspüren, indem sie sich fröhlich darin verlieren.
Ebenfalls wichtig wird die Intertextualität als Kompositionsprinzip der Texte:
Alles ist Zitat.
So kann das Motto der postmodernden Literatur zusammengefasst werden. Zitiert werden literarische Werke, Filme, Songs, Genres usw. Die Zitate müssen dabei von den Lesenden entschlüsselt und interpretiert werden. In einigen Fällen überwuchern die Zitate den ›eigentlichen‹ Text wie etwa in Helene Hegemanns »Axolotl Roadkill« (2010), was eine eigentliche Plagiatsdebatte auslöst. Neben Textfetzen können auch Leitmotive, Stoffe oder gar Erzählperspektiven ›zitiert‹ werden. So geschieht es etwa in Patrik Süskinds erfolgreichem Roman »Das Parfum« (1985), der das Leben, Töten und Sterben des genialischen Massenmörders Jean-Baptiste Grenouille schildert. Indem der Autor sich eines traditionellen auktorialen Erzählers bedient, wie er im 19. Jahrhundert üblich war, wirft er alle Innovationsbemühungen der literarischen Moderne über den Haufen. Groß geschrieben wird allgemein der Unterhaltungswert der Literatur. Dabei etabliert sich eine literarische Spielart der Postmoderne: die Popliteratur. Sie widmet sich den verschiedenartigen Erscheinungen der Populärkultur (Musik, Filme, Internet, Drogen, Partys, Reisen usw.) und beschränkt sich im Gegensatz zur Neuen Subjektivität der Oberflächenerkundung. Einen tieferen Sinn suchen die Protagonist/innen und mit ihnen die Lesenden oft vergeblich.
Durch die Digitalisierung, das Aufkommen von Computer, Internet und sozialen Medien, verändert sich das Leseverhalten der Menschen seit der Jahrtausendwende nachhaltig. Literatur besteht nicht mehr nur aus gedruckten Texten, sondern wird auch im Internet und in digitaler Form verbreitet. Von fast allen namhaften Publikationen werden Hörbücher und elektronische Bücher hergestellt. Die technische Revolution wird auch in der Literatur thematisiert. Beispielhaft etwa im postmodernen Episodenroman »Ruhm« von Daniel Kehlmann (2009). In den neun Geschichten werden der Alltag der Figuren von digitalen Kommunikationsmitteln und ihrem Versagen geprägt. Die einzelnen Lebensläufe werden dabei in einer Art Spiegelkabinett so miteinander verwoben, dass es unmöglich ist, eine eindeutige Interpretation aufrechtzuerhalten. Indem sich auch der Autor Kehlmann in den Text einbringt, liefert er überdies ein Musterbeispiel postmoderner Selbstreferentialität.
Eine andere Alternative zum gedruckten Buch ist die mündliche Präsentation von Texten der Slam Poetry. Hier zählt nicht nur der Text in schriftlicher Form, sondern auch, wie wirkungsvoll ihn die Schreibenden vortragen. Dazu werden seit den 1990er-Jahren eigens Dichterwettkämpfe, sogenannte Poetry Slams, organisiert. Wer dabei den Siegerpreis erhält, entscheidet das Publikum. Noch mehr als die traditionelle Dichter-Lesung kann sich der Vortrag dem Theater, Kabarett oder Rap annähern. Ausser einer Zeitbeschränkung von ›gefühlten‹ fünf Minuten kennt Poetry Slam keine Vorgaben formaler oder inhaltlicher Natur. Gemeinsam sind den Texten die Ausnutzung der klanglichen Möglichkeiten der Sprache und eine Tendenz zum Witzig-Überdrehten.
Merkmale
Form
- Genres:
- Roman
- Poetry Slam
- Selbstreferentialität, d.h. Rückbezug des Textes auf sich selbst
- Intertextualität, d.h. Zitate, Verweise bzw. Anspielungen auf andere Werke
- Ironie, Sarkasmus
- keine chronologische Ordnung (Zeitsprünge)
- eingängige Sprache, z.T. einfacher Ausdruck
Inhalt
- Veränderungen der Nachwende-Zeit (ab 1989)
- Suche nach der eigenen Identität bzw. Thematisierung der Vergeblichkeit der Identitätssuche
- (z.T. ironischer) Rückbezug auf Texte und Stoffe aus der Vergangenheit
- Mehrdeutigkeit, bewusste Irreführung der Lesenden, Spiel mit der Bedeutung
- gewisse Oberflächlichkeit in der Behandlung der Themen
- gegenwärtige Themen (z.B. Popkultur, Eurokrise, 9/11)
Epochenübergang
Für die postmodernen Autor/innen ist nach dem Zusammenbruch des real existierenden Kommunismus das linke Engagement der Kritischen Literatur nicht mehr zeitgemäß. Statt die Welt aus einer marxistischen Perspektive zu kritisieren, beschränkt man sich nun darauf, nach Bedarf auf abgelegte Ideologien und Stoffe zu verweisen, sie zu zitieren. An die Stelle der Wahrheit tritt das Spiel, statt Aufklärung sucht man Verwirrung.
Der Übergang von der Neuen Subjektivität zur Postmoderne verläuft fließend. Man versucht nicht mehr, in allem einen tieferen Sinn zu suchen. Man hat eine positive Sicht auf die Veränderung.
Merkwürdiges
Die Postmoderne nicht nach eigenem Verständnis nicht nur die letzte, sondern auch die umstrittenste Epoche der Kulturgeschichte. Ihre Schöpfungen sind bunt, schrill, provokativ. Ein Beispiel dafür ist der 'Proust'-Sessel des italienischen Designers Alessandro Mendini (*1931). Mendini vereinigt in diesem Werk aus dem 1978 Künste und Stile aus ganz verschiedenen Kontexten zu einer eigenwilligen Kreation. So verbindet er den Namen des berühmten französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871-1922) mit einem reichverzierten Sessel im Stil des Neobarock aus dem 18. Jahrhundert, mit einem Gegenstand also, der seinerseits bereits ein Zitat ist. Aber damit noch nicht genug. Auf den Stuhl projiziert der Designer nun mittels Diaprojektor einen vergrößerten Ausschnitt aus einem Gemälde des pointilistischen französischen Malers Paul Signac (1863-1935). Die Farbtupfer des Originals kopiert er dabei säuberlich auf alle Teile des Stuhls, egal ob es Sitzfläche, Armlehne oder Ornament ist. Der dadurch entstehende räumliche Eindruck evoziert neben dem Pointilismus die barocke Unendlichkeit. So zitiert er in scheinbar willkürlicher Weise drei vollkommen verschiedene Elemente und verbindet sie zu einem einzigartigen Gegenstand.
Dasselbe Verfahren wendet Mendini an, als er für Swatch das Modell GZ121 Lots of Dots (1992) entwirft. Hier werden Signacs pointilistische Farbtupfer einfach über Armband und Zifferblatt ausgebreitet. Für die einen sind dergleichen Spielereien Ausdruck postmoderner Beliebigkeit, für die andern Beispiele, wie sich aus den Zitaten der Kulturgeschichte sich eine neue Geschichte zusammensetzt. Fraglich ist, ob wir mittlerweile schon in der Epoche nach der ‚Epoche nach den Epochen‘ angelangt sind. Abgesänge auf die Postmoderne gibt es genug, und schon wird die Epoche in Form von Ausstellungen bilanziert. Da stellt sich natürlich die Frage: Welcher Anfang kann nach dem Ende aller Enden noch kommen? Tatsache bleibt: Während die Berliner Mauer im November 1989 fällt, sitzt Angela Merkel in der Sauna.
Autor: Christian Kracht
*1966, Saanen, Schweiz
Werke
- »Faserland« (Roman, 1995)
- »Der gelbe Bleistift« (Reiseberichte, 2000)
- »1979« (Roman, 2001)
- »Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten« (2008)
- »Imperium« (Roman, 2012)
Leben
Christian Kracht wird 1966 als Sohn des gleichnamigen Axel-Springer-Verlag-Managers in Saanen (Schweiz) geboren. Seine schulische Ausbildung erhält er in verschiedenen Eliteinternaten in der Schweiz, in Übersee und in Südfrankreich. 1991 beginnt er als Redakteur beim Magazin „Tempo“, später arbeitet er im In- und Ausland als Journalist für den „Spiegel“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. 1995 erscheint sein Debütroman »Faserland«, der als Schlüsselwerk für die sogenannte Popliteratur gesehen wird. Sein Werk und die oft provokativen Äußerungen zu gesellschaftlichen Fragen machen ihn zu einer der kontroversesten Figuren des gegenwärtigen Literaturbetriebs. Kracht versteht sich als Kosmopolit und hat wechselnde Wohnsitze.
Werk: »Faserland« (Roman, 1995)
Der Roman beschreibt die Reise des namenlosen jungen Ich-Erzählers aus gutem Haus quer durch Deutschland. Von Sylt an der Nordsee führt ihn sein zielloser Weg bis nach Süddeutschland und schließlich an den Zürichsee. Dabei macht er Halt in verschiedenen deutschen Großstädten, um sich mit alten Freunden und Bekannten zu treffen. Diese Begegnungen, geprägt von Unverbindlichkeit und Oberflächlichkeit, enden meist in Sex- oder Drogenexzessen. Bei einer dieser Partys am Bodensee begeht der Gastgeber, ein einstiger Jugendfreund des Erzählers, Selbstmord. Nach einem Besuch am Grab des Schriftstellers Thomas Mann in Kilchberg bei Zürich endet die Reise mit einer spontanen Seeüberquerung. Es bleibt unklar, ob sich der Ich-Erzähler das Leben nehmen oder ihm eine andere Richtung geben will: „Bald sind wir in der Mitte des Sees. Schon bald.“
Textstelle I
„Vielleicht hat es so begonnen, du denkst, du ruhst dich einfach aus, weil man dann besser handeln kann, wenn es soweit ist, aber ohne jeden Grund, und schon findest du dich machtlos überhaupt je wieder etwas tun zu können. Spielt keine Rolle, wie es passiert ist.“ [1]
Samuel Beckett: Der Namenlose [2]„Give me, give me – pronto – Amaretto.“ [3]
The Would-Be-Goods [4]Also, [5] es fängt damit an, dass ich bei Fisch-Gosch in List auf Sylt stehe und ein Jever aus der Flasche trinke. [6] Fisch-Gosch, das ist eine Fischbude, die deswegen so berühmt ist, weil sie die nördlichste Fischbude Deutschlands ist. [7] Am oberen Zipfel von Sylt steht sie, direkt am Meer, und man denkt, da käme jetzt eine Grenze, aber in Wirklichkeit ist da bloß eine Fischbude. [8]
- Das erste Zitat, das dem Roman als Motto vorangestellt wird, thematisiert existenzielle Machtlosigkeit. So befreit der Autor seine Hauptfigur schon vor allem Anfang von gesellschaftlichem Engagement.
- Samuel Becketts ist ein Vertreter des Absurden Theaters. Die Sinnlosigkeit des Daseins ist auch eine der Grundprämissen der Popliteratur
- Konsumhaltung, Alkohol- und Drogenmissbrauch, wie sie im Song der britischen Indie-Popband beschwört werden, prägen das Verhalten der Hauptfiguren.
- Verweise auf die Popkultur bilden quasi den Soundtrack zum Roman. Zitate wie diese gehören zum Wesen der Postmoderne. Typischerweise werden hier zwei scheinbar beliebige Zitate miteinander verknüpft.
- Der scheinbar anspruchslose, eingängige Konversationston ist das Markenzeichen der Popliteratur.
- Es ist symptomatisch, dass der Roman mit einer Schilderung beginnt, wie die Hauptperson Bier »aus der Flasche« trinkt.
- Geheimtipps der „Szene“ gehören ebenfalls zum Repertoire der Popliteratur.
- Die Welt ist entzaubert: Anstelle einer magischen „Grenze“, dem Übergang zum Unermesslichen, Absoluten, findet sich nun das Banalste.
Textstelle II
Während ich zur Bahnhofstrasse zurücklaufe, denke ich an die Berge, die irgendwo hinter dem Zürichsee anfangen. Dort oben müsste man wohnen, auf einer Bergwiese, in einer kleinen Holzhütte, am Rande eines kalten Bergsees der unterirdisch mit Schneewasser gespeist wird. [1] Vielleicht müsste ich noch nicht mal auf diese Insel mit Isabella Rossellini [2], vielleicht würde es auch reichen, wenn ich mit ihr und den Kindern in dieser kleinen Hütte wohnen würde. […] Ich würde ihnen von Deutschland erzählen, von dem großen Land im Norden, von der großen Maschine, die sich selbst baut, [3] da unten im Flachland. [4] Und von den Menschen würde ich erzählen, von den Auserwählten, die im Inneren der Maschine leben, die gute Autos fahren müssen und gute Drogen nehmen und guten Alkohol trinken und gute Musik hören müssen, [5] während um sie herum alle dasselbe tun nur eben ein ganz klein bisschen schlechter. Und dass die Auserwählten nur durch den Glauben weiterleben können, sie würden es ein bisschen besser tun, ein bisschen härter, ein bisschen stilvoller. [6]
- Dies ist ein versteckter intertextueller Hinweis auf das Berg-Tal-Leitmotiv aus dem »Zauberberg« (1924) von Thomas Mann, dessen Grab der Held am Ende besucht.
- Hier wird Bezug genommen auf die italienische Filmschauspielerin Isabella Rossellini: Der Protagonist phantasiert sich in ein gemeinsames Leben mit dem Filmstar hinein.
- Das alltägliche Leben in Deutschland wird mit einer in sich geschlossenen Maschine verglichen.
- Dies ist erneut ein versteckter intertextueller Hinweis auf das Berg-Tal-Leitmotiv aus dem »Zauberberg« (1924) von Thomas Mann, dessen Grab der Held am Ende besucht.
- Autos, Drogen, Alkohol – der Erzähler listet die prototypischen Themen auf, die in der Popliteratur mit Vorliebe behandelt werden.
- Das Selbstverständnis der Popliteraten ist das einer Elite: Sie, die »Auserwählten«, heben sich aus der Menge der »Dutzendmenschen« heraus.
Textstelle III
Sergio, das ist so einer, der immer rosa Ralph-Lauren-Polohemden tragen muss und dazu eine alte Rolex, und wenn er nicht barfuß wäre, mit hochgekrempelten Hosenbeinen, dann würde er Slipper tragen von Alden, das sehe ich sofort. [1] Um irgendetwas zu sagen, sage ich, dass es nachher regnen wird […]. Dann geht uns irgendwie der Gesprächsstoff aus, [2] [...], also zünde ich mir eine Zigarette an und sehe erst auf meine Fingernägel und dann aufs Meer. [3] Es gibt ein Geheimnis, das wir Kinder, die früher auf Sylt Ferien machten [4], immer erzählt bekamen, hinter vorgehaltener Hand: Weit draussen, vor Westerland, wo heute die riesige Nordsee liegt, gab es einmal eine Stadt, die Rungholt hiess. [...] Jedenfalls sind alle Einwohner damals ertrunken, und das Geheimnis dabei war, dass man, wenn man bei Westwind genau hinhörte, die Kirchturmglocken von Rungholt hören konnte, wie sie unter dem Meer den Christen zum Gebet läuteten. [5]
- Die Thematisierung von Markenprodukte und anderen „angesagten“ Modeerscheinungen prägen die Popliteratur.
- Die Oberflächlichkeit der Beziehungen wird dargestellt. Darin kann eine implizite Kritik dieser Zeiterscheinung gesehen werden.
- Im Gegensatz zum Bildungs- und Entwicklungsroman bleibt die Romanfigur statisch: Die Identitätssuche verläuft erfolglos. Weder hat der Protagonist eine Identität noch sucht er in sichtbarer Weise nach einer solchen.
- Ein typisches Element der Postmoderne deutet sich hier an: ein Zeitsprung in die Vergangenheit zwischen den Zeilen.
- Es wird eine bestehende Sage zitiert. Der Erzähler beschränkt sich aber darauf, die Geschichte einfach unverarbeitet aufzulisten, und verzichtet darauf, Bezüge zu seinem Leben herzustellen oder nach einem tieferen Sinn zu suchen. Die Einwohner sind in der Sage wegen verwerflichem Verhalten ertrunken.