Sprechformen

Wie in der Epik gibt es in der Dramatik verschiedene Formen, die Figuren sprechen zu lassen. Am häufigsten geschieht dies im Dialog, der mehr oder weniger schnellen Wechselrede der Figuren. Auch verdeckte Handlung kann mittels Mauerschau, Botenbericht und akustische Wiedergabe einbezogen werden. Im Unterschied zu epischen Texten gibt es indessen keine direkte Innensicht. Hier helfen alternative Techniken wie der Monolog, das Beiseitesprechen oder ad spectatores.

Offene Handlung

Offene und verdeckte Handlung: Sprechformen auf der Bühne

Dialog

Seit der Einführung des zweiten Schauspielers in die Bühnenhandlung durch den antiken Dichter Aischylos ist der Dialog das Herzstück des Dramas. Ein Theaterstück ist also im Wesentlichen Dialog, die Klärung von Konflikten mittels Rede und Gegenrede.

Die antithetische Ausgangslage des Theaters bringt es mit sich, dass sich in jeder Szene Protagonist/innen und Antagonist/innen gegenüberstehen, die unterschiedliche Absichten und Ziele haben. Diese versuchen beide Parteien zunächst mit sprachlichen Mitteln zu erreichen. Diese Wortgefechte führen in jeder Szene zu einem Teilresultat. Der offensichtliche Sieger eines Dialogs muss dabei nicht unbedingt wirklich gewonnen haben. Es ist auch möglich, dass einer der beiden Kontrahenten den anderen zum Schein gewinnen lässt.

Die folgenden Beispiele stammen aus dem bürgerlichen Trauerspiel Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing. Mit Hilfe seines Kammerherrn Marinelli lässt der Prinz Hettore Gonzaga die Titelheldin am Tag ihrer geplanten Hochzeit mit dem Grafen Appiani entführen und diesen umbringen. Um den Nachstellungen zu entgehen überredet sie ihren Vater Odoardo dazu, sie zu erstechen.

In II.10 fordert Marinelli den Grafen auf, für den Prinzen einen Botengang zu machen und lässt durchblicken, dass man die aus einfachen Verhältnissen stammende Braut durchaus einen Tag warten lassen kann. Der Dialog gipfelt darin, dass Appiani Marinelli beleidigt und von diesem deshalb zum Duell aufgefordert wird. Unter einem scheinheiligen Vorwand macht Marinelli einen Rückzug:

Appiani. Ich kann heute nicht abreisen – auch morgen nicht – auch übermorgen noch nicht. – […] Sehen Sie; ich soll noch heut eine Frau nehmen.
Marinelli. Nun? und dann?
Appiani. Und dann? – und dann? – Ihre Frage ist auch verzweifelt naiv.
Marinelli. Man hat Exempel, Herr Graf, daß sich Hochzeiten aufschieben lassen. – […] Wollen Sie ihm nicht zugleich wissen lassen, mit wem?
Appiani. Mit Emilia Galotti.
Marinelli. Der Tochter aus diesem Hause?
Appiani. Aus diesem Hause.
Marinelli. Hm! Hm!
Appiani. Was beliebt?
Marinelli. Ich sollte meinen, daß es sonach um so weniger Schwierigkeit haben könne, die Zeremonie bis zu Ihrer Zurückkunft auszusetzen.
Appiani. Die Zeremonie? Nur die Zeremonie?
Marinelli. Die guten Eltern werden es so genau nicht nehmen.
Appiani. Die guten Eltern?
Marinelli. Und Emilia bleibt Ihnen ja wohl gewiß.
Appiani. Ja wohl gewiß? – Sie sind mit Ihrem ja wohl – ja wohl ein ganzer Affe!
Marinelli. Mir das, Graf?
Appiani. Warum nicht?
Marinelli. Himmel und Hölle! – Wir werden uns sprechen.
Appiani. Pah! Hämisch ist der Affe; aber –
Marinelli. Tod und Verdammnis! – Graf, ich fodere Genugtuung.
Appiani. Das versteht sich.
Marinelli. Und würde sie gleich itzt nehmen – nur daß ich dem zärtlichen Bräutigam den heutigen Tag nicht verderben mag.
Appiani. Gutherziges Ding! Nicht doch! Nicht doch! (Indem er ihn bei der Hand ergreift.) Nach Massa freilich mag ich mich heute nicht schicken lassen, aber zu einem Spaziergange mit Ihnen hab ich Zeit übrig. – Kommen Sie, kommen Sie!
Marinelli (der sich losreißt und abgeht). Nur Geduld, Graf, nur Geduld!

Appiani scheint also den Sieg davonzutragen. Mit »Geduld, Graf, nur Geduld!« deutet Marinelli allerdings an, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Tatsächlich wird er kurz darauf seinen Plan, den Grafen umbringen zu lassen, in die Tat umsetzen.

Dialoge spielen also immer mehreren Ebenen gleichzeitig. Mit dem Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun lassen sich diese Ebenen gut unterscheiden:

Inhalt: Dialoge drehen sich um etwas

Im obigen Dialog informiert Marinelli Appiani über den Auftrag, der sogleich ausgeführt werden müsse. Appiani teilt Marinelli mit, dass er dies nicht tunt könne, weil er heute heiraten werde. Auf Nachfrage informiert er Marinelli, wer die Braut sei. Es kommt zum Streit, weil beide auf ihrem Standpunkt beharren, und zu einer Duellforderung. Marinelli will aus Rücksicht auf die Hochzeit das Duell verschieben. Appiani wiederum findet, dass er zwar für einen Botengang keine Zeit habe, sehr wohl aber für ein Duell. Das oberflächliche Resultat des Dialogs ist also: Der Graf wird den Botengang nicht unternehmen, und das Duell zwischen den beiden wird vertagt.

Appell: In Dialogen versuchen die Figuren einander zu etwas zu bewegen

Beide Figuren wollen die andere zu etwas bringen. Marinelli möchte Appiani von der Hochzeit-»Zeremonie« und letztlich von der Braut abhalten (»Die Zeremonie? Nur die Zeremonie?«). Nach der Beleidigung fordert er den Grafen erst zum Duell, dann zur Geduld auf. Der Graf im Gegenzug will seine Ruhe haben. Er möchte, dass Appiani Klartext spricht. Nachdem er selber Klartext gesprochen hat (»Affe«), will er, dass Marinelli gleich zum Duell mitkommt.

Beziehung: Dialoge klären Beziehungen

Natürlich spielt sich das eigentliche Drama hinter dem oberflächlichen Inhalt des Gesprächs ab. In dem Dialog klären Appiani und Marinelli ihre Beziehung als Todfeinde. Die Verstellung, die die beiden zu Beginn noch mühsam aufrecht erhalten (so bezeichnet sich Marinelli gegenüber Appiani bei der Begrüßung als »einen seiner ergebensten Freunde«), verschwindet mehr und mehr, die Masken fallen. So lässt Marinelli durchblicken, dass er Appiani für seine Beziehung zu dem besitzlosen Mädchen verachtet. Der Naturmensch Appiani wiederum nennt den kaltherzigen Hofmann, der ihn mit fadenscheinigen Vorwänden von seiner Braut zu trennen versucht, zunächst einen »Affen«, dann ein »gutherziges Ding«. Es zeigt sich, dass Appiani im Duell Mann gegen Mann Marinelli überlegen ist.

Selbstoffenbarung: Dialoge charakterisieren die Figuren

Im Dialog charakterisieren Autor/innen ihre Figuren direkt und indirekt. So gestaltet Lessing das Gespräch so, dass sich Marinelli zunächst als Schmeichler, dann als Großmaul und schließlich als Feigling entlarvt, der auch vor heimtückischen Mitteln nicht zurückschreckt. Appianis Gesprächsverhalten dagegen ist zwar impulsiv, aber gradlinig. Er macht keine Andeutungen, sondern klare Worte und will diesen auch Taten folgen lassen.

 

Monolog

Eine Figur spricht mit sich selbst: Was in der Realität beim Publikum Argwohn hervorrufen würde, ist im Theater normal. Der dramaturgische Kunstgriff erlaubt es, die Bühnenhandlung für einen Moment zu stoppen und Einblicke in das Innenleben der Figur zu gewähren. Wie Dialoge haben auch Monologe verschiedene Funktionen:

Reflexion

Im Monolog kann eine Figur sich selber Rechenschaft ablegen über ihr Tun. Sie kann ausdrücken, was sie bewegt, was sie denkt und fühlt. Auf diese Weise kann die innere Handlung in äußere umgewandelt werden. So erfahren wir im ersten Monologen der Gräfin Orsina nicht nur, dass sie die mittlerweile verschmähte Liebhaberin des Prinzen ist, sondern auch ihre Enttäuschung darüber (IV.3):

Orsina (ohne den Marinelli anfangs zu erblicken). Was ist das? – Niemand kömmt mir entgegen, außer ein Unverschämter, der mir lieber gar den Eintritt verweigert hätte? – Ich bin doch zu Dosalo? Zu dem Dosalo, wo mir sonst ein ganzes Heer geschäftiger Augendiener entgegenstürzte? wo mich sonst Liebe und Entzücken erwarteten? – Der Ort ist es, aber, aber! –

Hier liegt ein Monolog vor, der für eine andere Figur hörbar ist. Meist ist die Figur indessen allein auf der Bühne.

Entscheidung

Statt sich laut über die die eigene Befindlichkeit zu äußern, kann eine Figur im Monolog auch zu einer Entscheidung gelangen. Im Selbstgespräch werden dann verschiedene Argumente dafür und dagegen erwogen. So ist Emilias Vater Odoardo hin- und hergerissen. Nachdem er im 4. Akt von Orsina einen Dolch erhalten hat, überlegt er in drei aufeinanderfolgenden Monologen (V.2, V.4, V6), ob er diesen einsetzen soll, um den Prinzen umzubringen. Nachdem er erfahren hat, dass seine Tochter unter einem Vorwand entfernt werden soll, ist er empört (V.4):

Wie? – Nimmermehr! Mir vorschreiben, wo sie hin soll? – Mir sie vorenthalten? – Wer will das? Wer darf das? – Der hier alles darf, was er will? Gut, gut, so soll er sehen, wieviel auch ich darf, ob ich es schon nicht dürfte! Kurzsichtiger Wüterich! Mit dir will ich es wohl aufnehmen. Wer kein Gesetz achtet, ist ebenso mächtig, als wer kein Gesetz hat. Das weißt du nicht? Komm an! komm an! – – Aber, sieh da! Schon wieder, schon wieder rennet der Zorn mit dem Verstande davon. – Was will ich? […] Ruhig, alter Knabe, ruhig!

Trotz seiner Wut kann er sein Blut im Zaum halten und entschließt sich vorerst dazu, nichts zu unternehmen. Als er aber durch Marinelli abermals provoziert wird, erreicht seine Unruhe einen Höhepunkt:

Wenn sie es nicht wert wäre, was ich für sie tun will? – (Pause.) Für sie tun will? Was will ich denn für sie tun? – Hab ich das Herz, es mir zu sagen? – Da denk ich so was: So was, was sich nur denken läßt. – Gräßlich! Fort, fort! Ich will sie nicht erwarten. Nein! – (Gegen den Himmel.) Wer sie unschuldig in diesen Abgrund gestürzt hat, der ziehe sie wieder heraus. Was braucht er meine Hand dazu? Fort! (Er will gehen und sieht Emilien kommen.) Zu spät! Ah! er will meine Hand, er will sie!

Er hinterfragt seinen Mordplan und ruft Gott an, dass er für ihn handeln soll. Er entschließt sich zum Gehen, deutet dann aber Emilias Erscheinen als Zeichen Gottes, der ihn zum Handeln zwingen will. Der Monolog hat ihn also zu einer Entscheidung geführt.

 

Beiseitesprechen

Das Beiseitesprechen ist eine Sonderform des Monologs. Die Figur ist zwar in einem Dialog mit einer oder mehreren anderen, wendet sich aber kurz ab, um etwas »beiseite« zu sagen, was die Anwesenden auf der Bühne nicht hören sollen, wohl aber das Publikum. Zu dieser eigentlich unlogischen Finte müssen Dramatiker/innen greifen, weil Innensicht im Drama auf andere Weise nicht möglich ist. Nur so können sie die Diskrepanz zwischen dem äußeren Verhalten einer Figur und ihren wahren Gefühlen vor Augen führen. Nur durch eine menschliche Regung seitens des Prinzen wird der aufs Äußerste gereizte Odoardo davon abgehalten, seinen Mordplan auszuführen (V.5).

Marinelli. Und es tut mir leid, gnädiger Herr, daß ich mich gezwungen sehe, ausdrücklich darauf anzutragen, wenigstens Emilien in eine besondere Verwahrung zu bringen.
Odoardo. Besondere Verwahrung? – Prinz! Prinz! – Doch ja, freilich, freilich! Ganz recht: in eine besondere Verwahrung! Nicht, Prinz? nicht? – O wie fein die Gerechtigkeit ist! Vortrefflich! (Fährt schnell nach dem Schubsacke, in welchem er den Dolch hat.)
Der Prinz (schmeichelhaft auf ihn zutretend). Fassen Sie sich, lieber Galotti –
Odoardo (beiseite, indem er die Hand leer wieder herauszieht). Das sprach sein Engel!

Nur durch den halblaut geäußerten Satz »Das sprach sein Engel!« erfährt das Publikum, dass der Prinz sein Leben nur einem Zufall verdankt.

In einem anderen Werk, dem Lustspiel Die Juden, hat Lessing dieses Beiseitesprechen auf die Spitze getrieben. Der Baron wagt sich nicht, seinen Wohltäter, den Reisenden, nach seinem Namen und seinem Stand zu fragen; der Reisende seinerseits will nicht verraten, dass er eigentlich ein Jude ist:

Der Reisende. Verzeihen Sie, mein Herr! – Sie – Sie machen sich – – Sie haben allzu große Gedanken von mir.
Der Baron (beiseite). Soll ich ihn wohl fragen? Er kann meine Neugierde übelnehmen.
Der Reisende (beiseite). Wenn er mich fragt, was werde ich ihm antworten?
Der Baron (beiseite). Frage ich ihn nicht, so kann er es als eine Grobheit auslegen.
Der Reisende (beiseite). Soll ich ihm die Wahrheit sagen?
Der Baron (beiseite). Doch ich will den sichersten Weg gehen. Ich will erst seinen Bedienten ausfragen lassen.
Der Reisende (beiseite). Könnte ich doch dieser Verwirrung überhoben sein! – –
Der Baron. Warum so nachdenkend?
Der Reisende. Ich war gleich bereit, diese Frage an Sie zu tun, mein Herr – –

 

Ad spectatores

Eine andere Sonderform des Monologs liegt dann vor, wenn eine Figur nicht ins Leere, sondern zum Publikum, ad spectatores, spricht. Im Gegensatz zum Beiseitesprechen, das man als Teil der Rolle deuten muss, wirkt das Sprechen zum Publikum desillusionierend. Eine Figur, die sich ans Publikum wendet, fällt aus der Rolle. Sie durchbricht die vierte Wand und zeigt so, dass alles »nur Theater« ist. In Lessings Emilia Galotti wird die vierte Wand naturgemäß nicht thematisiert. Desillusionierende Mittel dieser Art sind im geschlossenen Drama des 18. und 19. Jahrhunderts nicht üblich. Im romantischen Stück Der gestiefelte Kater (1797) von Ludwig Tieck dagegen wendet sich der Dichter kurz an das Publikum, ein Publikum allerdings, das ebenso fiktiv ist wie der Dichter, weil es im Stück immer wieder mitspielt:

Souffleur: Versuchen Sie ein paar Verse zu machen, Herr Dichter; vielleicht bekommen sie dann mehr Respekt vor Ihnen.
Dichter: Vielleicht fällt mir eine Xenie ein.
Souffleur: Was ist das?
Dichter: Eine neuerfundene Dichtungsart, die sich besser fühlen als beschreiben läßt. (Gegen das Parterre:)
     Publikum, soll mich dein Urteil nur einigermaßen belehren,
Zeig erst, daß du mich nur einigermaßen verstehst.
Es wird aus dem Parterre mit verdorbenen Birnen und Äpfeln und zusammengerolltem Papier nach ihm geworfen.
Dichter: Die Herren da unten sind mir in dieser Dichtungsart zu stark.

In Brechts Epischem Theater wird die Anrede des Publikums dann zu einem strategischen Mittel: Die vierte Wand muss durchbrochen werden, um die Illusion zu zerstören und die Reflexion zu erzwingen. So heißt es am Ende von Der gute Mensch von Sezuan:

Verehrtes Publikum, jetzt kein Verdruß:
Wir wissen wohl, das ist kein rechter Schluß. […]
Wir stehen also selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen. […]
Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach:
Sie dächten selber auf der Stelle nach
Auf welche Weis dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß!
Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß!

 

Verdeckte Handlung

Der Bühnenraum ist beschränkt.  Die Bretter, die die Welt bedeuten, umfassen meist nur wenige Quadratmeter. Damit es trotzdem möglich ist, Dinge in die Bühnenhandlung einfließen zu lassen, die außerhalb des abgesteckten Bezirks der Bühne liegen, gibt es seit Anbeginn der dramatischen Kunst mehrere Möglichkeiten. Diese werden auch dann eingesetzt, wenn die Ereignisse die Grenzen der Darstellbarkeit sprengen (z.B. eine Hinrichtung, eine Schlacht, ein Flugplatz).

Teichoskopie (Mauerschau)

In der Mauerschau schaut eine Figur über den Bühnenrand (die »Mauer«) hinaus, um Geschehnisse zu beschreiben, die gleichzeitig außerhalb des Bühnenraues stattfinden. Im Gegensatz zum Botenbericht, der abgeschlossene Aktionen beschreibt, werden auf diese Weise also synchron sich abspielende Handlungen, wiedergegeben. In der Regel werden auf diese Weise Ereignisse in die Dramenhandlung integriert, die sich nicht oder nur unter erheblichem Aufwand auf der Bühne darstellen lassen.

MARINELLI (der wieder nach dem Fenster geht). Dort fährt der Wagen langsam nach der Stadt zurück. – So langsam? Und in jedem Schlage ein Bedienter? – Das sind Anzeichen, die mir nicht gefallen – dass der Streich wohl nur halb gelungen ist: – dass man einen Verwundeten gemächlich zurückführet – und keinen Toten. – Die Maske steigt ab. – Es ist Angelo selbst. […] Er winkt mir zu. (G. E. Lessing: Emilia Galotti) >Art des Sprechens auf der Bühne? (G.E. Lessing: Emilia Galotti)

 

Botenbericht

Ein Bote erscheint atemlos auf der Bühne und berichtet, was sich vor mehr oder weniger langer Zeit zugetragen hat. Das ist die Grundsituation des Botenberichts. Es werden also nicht gleichzeitig stattfindende Ereignisse live berichtet, sondern solche, die in der Vergangenheit liegen. Auf diese Weise können die Einheit des Ortes und der Zeit eingehalten werden, indem örtlich und zeitlich entfernte Geschehnisse auf der Bühne verfügbar gemacht werden. 

MARINELLI: Wie steht es mit dem Grafen?
ANGELO: Zu dienen! So, so! – Aber er muß Wind gehabt haben. Denn er war nicht so ganz unbereitet. […] Blitz! der Graf hatte [meinen Kollegen Nicolo] gut gefaßt. Dafür faßt’ ich auch wieder den Grafen! – Er stürzte; und wenn er noch lebendig zurück in die Kutsche kam, so steh ich dafür, dass er nicht lebendig wieder herauskommt (G.E. Lessing: Emilia Galotti)

 

Akustische Wiedergabe

Statt durch verbal vermittelte Mauerschau können Ereignisse hinter der Bühne auch durch bloß lautliche Mittel wiedergegeben werden. So braucht es keine Figur am Fenster, die eine Hinrichtung durch die Guillotine beschreibt; derselbe Vorgang lässt sich ich auch rein akustisch darstellen. 

Man hört hinter der Bühne Wagen fahren, Peitschen knallen, Hundegebell, laute Rufe, Lachen, eine Gitarre, Lärmen. (W. Meyer-Förster: Alt-Heidelberg)